Antisemitismus und Judenverfolgung

Der Begriff „Antisemitismus“ wurde 1879 von Wilhelm Marr geprägt und meint sämtliche Bestrebungen gegen die Juden. Er ist insofern irreführend, da er sich nicht gegen alle semitischen Völker, sondern speziell gegen die Juden richtet. Die Judenverfolgung stellte ein wesentliches Ziel der Politik Hitlers dar, ist jedoch schon Jahrhunderte früher entstanden. Schon zur Zeit der Diaspora (Zerstreuung der Juden in einige Länder der Welt im Jahre 70 n. Chr.) lassen sich antisemitische Bewegungen feststellen. „Im Namen Gottes“ führten die Christen im Mittelalter Kreuzzüge gegen die Juden, denen man unterstellte, „Christusmörder“ zu sein. Ebenso machte man sie für die schlimmen Pestepidemien des 13. Jahrhunderts verantwortlich und beschuldigte sie als „Brunnenvergifter“. Hier deutet sich bereits ihre Rolle als „Sündenböcke“ an, die später im Nationalsozialismus wieder aufgegriffen wird. Im Mittelalter war der Antisemitismus – im Gegensatz zum 19. und 20. Jahrhundert – religiös begründet. Während des gesamten Mittelalters und noch zu Beginn der Frühen Neuzeit sind die Juden benachteiligt. So ist es ihnen beispielsweise untersagt, Mitglied in einer Zunft zu werden und Handel zu treiben. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgt eine gesetzliche Gleichstellung durch die sog. „Judenemanzipation“ im Rahmen der Preußischen Reformen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewinnt der rassische Antisemitismus größeren Einfluss in Europa. Pseudowissenschaftliche Lehren von der sog. „Überlegenheit der arischen Rasse“ werden verbreitet, in denen behauptet wird, dass die Juden einer minderwertigen Rasse angehören würden. Diese Tendenzen, die während der Weimarer Republik in Deutschland weit verbreitet waren, konnte Hitler aufgreifen. Durch eine geschickte Propaganda machte er die Judenverfolgung zu einem wesentlichen Ziel seiner Politik.
Zunächst wurden ab März 1933 jüdische Angehörige verschiedener Berufsgruppen boykottiert sowie jüdische Beamte entlassen. Eine nächste Stufe im Rahmen der grausamen Judenverfolgung war ihre Ausgrenzung durch Gesetze, z.B. die sog. „Nürnberger Gesetze“ von 1935, in denen Juden die Eheschließung mit Staatsangehörigen deutschen Blutes verboten wurde. Außerdem musste jeder in Deutschland einen sog. „Ariernachweis“ erbringen, in dem er nachweisen musste, dass er keine jüdischen Eltern oder Großeltern hatte. Die zunehmende Diskriminierung und Entrechtung der Juden fand im Massenpogrom vom 9. und 10. November 1938, der von den Nationalsozialisten so bezeichneten „Reichskristallnacht“, ihren vorläufigen Höhepunkt. Hier wurden 7500 Geschäftshäuser und 190 Synagogen in ganz Deutschland in Brand gesteckt und über 2500 Juden verhaftet. Die entstandenen Schäden mussten die Juden selbst bezahlen. Wenig später wurden die Juden aus dem deutschen Berufsleben ausgeschlossen, jüdische Kinder durften keine deutschen Schulen mehr besuchen. Nachdem im Januar 1941 eine Kennzeichnungspflicht für Juden eingeführt wurde – jeder Jude musste den gelben Judenstern tragen –, begann Ende 1941 die Deportation der Juden nach dem Osten in sog. Konzentrations- und Vernichtungslager. Auf der „Wannsee-Konferenz“ vom Januar 1942 beschlossen namhafte Politiker des Nationalsozialismus die sog. „Endlösung der Judenfrage“, die systematische Vernichtung aller europäischen Juden. Über 5,5 Millionen Juden wurden auf diese Weise ermordet

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