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Herr Brockmann, Sie unterrichten
Darstellendes Spiel an der DSL. Wie kann man sich den Unterricht im
Darstellenden Spiel vorstellen?
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Vor allem ist er sehr praxisorientiert. Das heißt, es wird
sehr viel Theater gespielt. Die Theatertheorie spielt zwar auch eine
Rolle, steht aber deutlich hinter dem Praxisanteil.
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Aber Sie fangen doch
sicher nicht mit richtigen Theaterstücken an, oder?
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Nein,
natürlich nicht. Damit die Theatergruppe überhaupt
erst spielfähig wird, stehen am Anfang kleine Spiele mit denen
die Schülerinnen und Schüler lernen, sich gegenseitig zu
vertrauen. Das ist in allen Klassenstufen gleich. Später werden
verschiedene Spieltechniken vermittelt und geübt.
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Herr Jung bei der Arbeit mit
seiner Gruppe.
Das Reflektieren und
Besprechen von Spielszenen gehört zum Unterricht und findet mit
dem gesamten
Kurs oder auch in Kleingruppen jederzeit im Unterricht statt.
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Was kann man sich unter den verschiedenen „Spieltechniken“ vorstellen?
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Zunächst lernen die Schülerinnen, wie sie vor Publikum stehen
sollten und wie sie Sprache und Gestik einsetzen können, um bestimmte
Figuren und Charaktere darzustellen. Sie lernen, wie sie den Spielraum, also
die Bühne, alleine und mit einem Partner ausnutzen können.
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Johannes während einer Szene (links); Peter, Sari und Christian
planen eine Szene
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Was sind die Gründe für die Einführung des Faches an
der DSL?
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Die Einführung des Faches Darstellendes Spiel an den Schulen
gilt als Reaktion auf lebensweltliche und gesellschaftliche Veränderungen
denen Jugendliche ausgesetzt sind und wird allgemein verglichen mit
der Einführung der Fächer Ethik und Informatik.
Durch Bildmedien
und elektronische Apparate wirkt die heutige Lebenswelt zunehmend
fremdbestimmt und der persönlichen Einflussnahme entzogen.
Mit
Unterrichtsangeboten, die spielerisch entfaltete Kreativität,
bewusste körperliche Aktivität, sinnliches Erleben und
soziales Handeln in einer Gruppe fordern und fördern, kann dieser
gesellschaftlichen Entwicklung entgegengewirkt werden.
Hier kann
und soll das Fach Darstellendes Spiel wichtige Aufgaben in der schulischen
Bildung übernehmen. Dabei können die Schülerinnen
und Schüler ihre verbale und auch körpersprachliche Ausdrucksfähigkeit
sowohl im mündlichen bzw. schriftlichen Sprachgebrauch als auch
im darstellenden Ausdruck weiterentwickeln.
Schülerinnen und
Schüler können damit lernen, dass Miteinander-Kommunizieren
nicht nur über Worte erfolgt, sondern auch bestimmt wird durch
den Tonfall, die Stimmstärke, das Sprechtempo, die Artikulation,
durch eine bestimmte Körperhaltung und über Mimik und Gestik.
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Lennart, Patrick,
Julian improvisieren eine Autoszene. Mit genug
Kreativität lassen sich alle Szenen gestalten und werden dadurch
spielbar.
Die Improvisation ist dabei von entscheidender Bedeutung.
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Welche Lernziele verfolgt das Fach? |

Im Rahmenplan Gymnasiale Oberstufe Darstellendes Spiel (Kursstrukturplan)
des Hessischen Kultusministeriums (HKM) heißt es:
Es sind „Modelle
von Interaktion und Kommunikation praktisch zu erproben und theoretisch
zu reflektieren. Hiermit schafft der Unterricht Vorraussetzungen für
methodische Neugier, kreatives Denken und Problemlösungsverhalten,
die ein universitäres Studium, gleich welcher Fachrichtung, erfordert“ (HKM,
1998, S.7).
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Welche konkreten Inhalte werden damit verbunden? |
Im Zentrum des Unterrichts steht zunächst die Improvisation und
das spiralförmig wiederkehrende Improvisationstraining. Hier wird
den Schülerinnen und Schülern der Raum für Probehandeln
gegeben.
Der Unterricht im Darstellenden Spiel ist auf verhaltenswirksames
und reflektiertes Lernen aufgebaut, das materielle, psychologische,
soziale und physiologische Aspekte von verschiedenen Themen subsummiert.
Die Vermittlung erfolgt vor allem pragmatisch handlungsorientiert und
spielpraktisch.
Darstellendes Spiel geht durch die Formbestimmung und
den Zuschauerbezug auch über das, vor allem in der Mittelstufe
praktizierte Rollenspiel hinaus.
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Wie kann man sich eine Improvisation vorstellen? |

Die zur Zeit bekanntesten Improvisationen kann man im Fernsehen
sehen. Die Sendungen „Frei Schnauze“ und „Zimmerstraße“ sind
auch eine Form des Improvisationstheaters.
Die Schülerinnen
und Schüler werden auch hier durch kleine Vorübungen herangeführt.
Wir versuchen kleine Szenen mit sogenannten „Settings“ zu
spielen und dabei die Spieltechnik zu verbessern.
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Was sind denn „Settings“? |

„Settings“ sind kleine vorgegebene Rahmenhandlungen.
Das heißt: Wer wird gespielt? Wo spielt die Handlung? Wann
spielt die Handlung? Was ist der Inhalt der Szene? usw.
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Alexander, Alexander und Christoph spielen und lassen
eine Leiche
verschwinden.
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Lernen die Schülerinnen und Schüler
im Darstellenden Spiel noch mehr als Theaterspielen? |

Ja, natürlich! Durch das Theaterspielen werden Kompetenzen
entwickelt und weiterentwickelt, die in verschiedenen Lebensbereichen
außerhalb des Schultheaters von sozialer Relevanz sind.
Das
Szenische Arbeiten findet immer in einem engen Kontext von Beobachten,
Wahrnehmen, Erinnern, Empfinden, Imagenieren, Reflektieren und Kommunizieren
statt. Kommunikative und soziale Kompetenzen werden durch den Prozess
des Entwickelns, Probens und Inszenieren von Aufführungen gestärkt.
Die Schülerinnen und Schüler erfahren dabei ihre Mitverantwortlichkeit
für den Gruppenprozess und dass die Solidarität mit ihren
Mitschülerinnen und Mitschülern notwendige Voraussetzung
für das Gelingen von Projektarbeit ist. Ihre Teamfähigkeit
wird gestärkt.
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Müssen die Schülerinnen und Schüler
kreativ sein um eine gute Note im DS zu bekommen? |

Es hilft ihnen sicherlich, aber das können sie natürlich
auch lernen. Bei der theatralen
(Um-)gestaltung von Ideen, Texten sowie Segmenten von Realität
verschiedenster Art entwickeln die Schülerinnen und Schüler
kreative Arbeitsweisen und Kompetenzen.
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Christian Endecott "parkt
aus" oder arbeitet er am Fließband - erst die
Phantasie des Beobachters macht das Theater realistisch!
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Müssen die Schülerinnen und Schüler
sehr selbstbewusst sein? |

Durch viele kleine Übungen werden die Schülerinnen und
Schüler an kleinere Aufführungen herangeführt. Dabei
wird automatisch ihre Präsentationsfähigkeit wie z.B. das
Stehen vor einer Gruppe, Artikulation und Modulation der Stimme und
Formen der präsentierenden Körpersprache verbessert. Damit
werden auch ihre allgemeinen Präsentationsfähigkeiten verbessert.
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Was wird noch vermittelt? |

Sicherlich auch, sich selbst aus einer anderen Perspektive zu beobachten
und eigene verbale sowie nonverbale Aktionen reflektiert zu analysieren,
zu beschreiben und kritisch zu hinterfragen ist ein weiterer Teil
der Arbeit im DS-Unterricht.
Dabei wird auch die Arbeit anderer subjektiv
und objektiv, emotional und rational beobachtet, analysieret und
positive, aber auch negative Kritik prozess- und produktorientiert
formuliert.
Mit Kritik von anderen situations- und sachangemessen
rational sowie tolerant umzugehen und sie produktiv in den Arbeitsprozess
zu integrieren, ist ein weiteres wichtiges Lernziel im DS-Unterricht.
Zudem werden die sinnliche Wahrnehmung und das ästhetische Empfinden
und Verstehen der Schülerinnen und Schüler werden geschult.
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Wann geht es denn an das ungeliebte Lernen
von Texten? |

Zunächst gar nicht. Wie bereits beschrieben werden die Spieltechniken
an freien Szenen gelernt. Erst in der szenischen Arbeit, d.h. wenn
richtige Szenen ausgearbeitet und gespielt werden sollen, müssen
kleine Textpassagen von etwa fünf Sätzen pro Darsteller
gelernt werden. Das ist noch leicht machbar – für jeden
Vokabeltest ist da mehr zu lernen. Erst gegen Ende der 12. und in
der 13. Klasse müssen auch längere Texte gelernt werden.
Aber auch hier gibt es Techniken, die Schauspieler anwenden, um sich
Texte zu merken.
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Max und Shekeb im szenischen Spiel. Mimik und Gestik
verleihen
dem Schauspiel seinen Glanz.
Wie diese vom Publikum wahrgenommen werden,
erfahren die Darsteller in der anschließenden Feedbackphase.
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Was für Fähigkeiten sollten Schülerinnen
und Schüler haben, die das Fach Darstellendes Spiel in der Oberstufe
wählen? |

Eigentlich sind im Vorfeld keine bestimmten Fähigkeiten gefragt.
Sie sollten sicherlich Freude am Theaterspiel haben, aber die Spieltechniken
lernen sie im Kurs. Bei vielen stellt sich auch erst im Kurs heraus,
wie begabt sie sind. Hier werden verborgene Talente der schüchternsten
Schülerinnen und Schülern entdeckt.
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Steffen Brockmann, Webteam,
13.12. + 14.12.2006
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