Was denken die Dorfbewohner über Friedrich, nachdem er spurlos
verschwunden ist?
Über das Ereignis,
den Mord an Aaron, dem Juden, und die Tatsache, dass, wie alle dachten,
Friedrich der Mörder war, waren alle sehr schockiert. Manche freuten
sich vielleicht insgeheim, da sie auch Schuldner bei Aaron waren und jetzt
nichts mehr bezahlen mussten. Doch für die meistens schien es ganz klar
zu sein, dass Friedrich ein skrupelloser Mörder geworden sei. Jeder
wusste durch den vorherigen Abend auf der Dorfhochzeit, dass Friedrich bei
Ahorn wegen der teuren Uhr verschuldet war. Da der Jude Aaron Friedrich dann
vor allen Leuten blamiert hatte, dachten sie, dass Friedrich wahrscheinlich
sehr wütend geworden war, da es ja um seinen mühsam erkämpften
Ruf ging, und er deshalb Rache wollte. Als sie in den nächsten Tagen
dann erfuhren, dass Friedrich verschwunden war, dachten sie logischerweise,
er sei geflohen, weil er den Juden umgebracht hatte. Keiner wusste, warum
Johannes auch verschwunden war, aber das interessierte niemanden, da dieser
eine unbedeutende Person war. Niemand machte sich auch nur einen weiteren
Gedanken über andere mögliche Gründe des Verschwindens der
beiden oder dachte darüber nach, ob noch andere Leute wie z.B. viel
tiefer verschuldete Dorfbewohner die Mörder Aarons sein könnten.
Es kam ihnen nur Friedrich als Täter in den Sinn und weil es ihnen alles
so logisch erschien, wurde auch nicht weiter nachgeforscht, sondern sie gingen
lieber wieder ihren normalen Tätigkeiten und Gewohnheiten nach. Vielleicht
waren ein paar Leute auch enttäuscht, da Friedrich einmal für sie
gearbeitet oder ihnen einen Gefallen getan hatte und sie den Jungen nicht
bösartig erlebt und in Erinnerung hatten. Wenn sie dann aber daran denken
mussten, dass er einen Mensch, noch dazu den Juden Aaron, der nie etwas verbrochen
hatte, erschlagen haben sollte, musste dieser Gedanke quälend für
sie sein. Friedrichs Kameraden waren bestimmt auch enttäuscht von ihm
oder einfach nur traurig über Aarons Tod oder Friedrichs Verschwinden.
Im Allgemeinen mischten sich in der Gefühlswelt der Dorfbewohner gegenüber
Friedrich Hass, Wut und Zorn, aber auf der anderen Seite auch Trauer und
Enttäuschung. Dass Friedrichs Flucht auch einen anderen Grund gehabt
haben könnte, daran dachte niemand.
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Was
denkt Margret über Friedrichs Flucht?
„Nun ist Friedrich
fort und ich sitze hier allein. Ich alte Frau habe jetzt niemanden mehr
und niemand will mehr etwas von mir wissen, jetzt erst recht. Alle Leute
im Dorf denken, mein Sohn sei ein Mörder. Es wird in aller Munde sein.
Jedes Weib wird hämisch mit ihrer Nachbarin tratschen und es weiter
verbreiten und ich werde hier allein verkümmern, weil alle meinen, ich
wäre die Mutter eines Mörders. Ich ertrage das nicht! Warum hat
er das getan? Nein! Mein Sohn ist kein Mörder! Ich glaube nicht, dass
er es war. Sie haben gar keine Beweise. Nur welcher Grund bewegt ihn dazu,
zu flüchten und mich allein zurück zu lassen?
Er hat mir nie
etwas von seinen Sorgen erzählt. Er hätte mit mir doch über
alles reden können. Hatte er denn kein Vertrauen zu mir? Ich hätte
ihn nie zu meinem Bruder geben dürfen. Er muss sich von mir vernachlässigt
gefühlt haben. Und Simon, der Rüpel, hat bei der vielen Zeit,
die Friedrich mit ihm verbracht hat, wohl auch keinen guten Einfluss auf
ihn gehabt, ihn womöglich noch zum Holzfrevel angestiftet. Ich hoffe,
er ist nicht deswegen geflüchtet.
Was soll ich nur
glauben? Wenn die Leute da draußen noch länger so reden, werden
meine Zweifel an Friedrichs Unschuld immer größer. Ich werde
heute Abend zwei Rosenkränze für ihn beten. Gott vergib meinem
Sohn!“
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